Ich glaube, ihr wisst gar nicht, was Faschismus ist. Viele werfen dieses Wort umher, als wäre es nur ein anderes Wort für politische Unzufriedenheit. Manche nennen es Faschismus, wenn ihre Meinung Widerspruch bekommt. Andere nennen es Faschismus, wenn ihre Partei keine Bühne bekommt. Und einige behaupten, Deutschland sei heute eine Diktatur, während sie das öffentlich posten, unzensiert, unbestraft und applaudiert von Menschen, die noch nie erlebt haben, was echte Unterdrückung bedeutet.

Faschismus bedeutet nicht, dass ein Antrag abgelehnt wird. Faschismus bedeutet nicht, dass Journalisten kritisch berichten. Faschismus bedeutet nicht, dass Menschen dich fade finden, wenn du AfD propagierst. Faschismus beginnt dort, wo Opposition nicht existieren darf. Wo Kritik als Verrat gilt. Wo Medien kontrolliert werden. Wo Gerichte nicht mehr frei entscheiden können. Wo Minderheiten zum Feind erklärt werden und Menschen nicht mehr als Menschen gelten, sondern als Störfaktor im Plan der Mächtigen. Das ist nicht Deutschland. Das ist Russland unter Putin. Das ist die Türkei unter Erdogan. Das ist Ungarn unter Orban. Das ist das politische Modell, dem die AfD applaudiert.

Wer wirklich Angst vor autoritären Regimen hat, sollte nicht ausgerechnet die Parteien unterstützen, die mit diesen Regimen liebäugeln.

Viele sagen, die AfD werde unterdrückt. Sie sitzt im Bundestag. Sie bekommt Steuergeld. Sie hält Pressekonferenzen. Sie klagt vor Gerichten. Sie wird im Fernsehen eingeladen. Sie wird nicht verfolgt. Sie wird kritisiert. Und das liegt nicht daran, dass sie anders denkt. Es liegt daran, dass sie gegen Verfassung, Menschenwürde und Pressefreiheit arbeitet und sich offen an Vorbildern orientiert, die Opposition einsperren und Journalisten ermorden lassen.

Das Problem ist nicht, dass die AfD Außenseiter ist. Das Problem ist, dass sie genau das sein will, was sie anderen vorwirft. Sie träumt von einem Staat wie in Russland, in dem Kritik als Propaganda gilt. Sie träumt von einem Staat wie in Ungarn, in dem Richter unter politischer Kontrolle stehen. Sie träumt von einem Staat wie bei Trump, in dem Wahlniederlagen als Wahlbetrug inszeniert werden, bis die Anhänger mit Gewalt das Parlament stürmen.

Wenn ihr wirklich nie wieder Krieg sagt, dann kämpft nicht für jene, die die Welt in genau diese Richtung treiben.

Viele sagen, die Regierung mache Fehler und das stimme. Doch Fehler sind kein Faschismus. Fehler lassen sich korrigieren. Autoritäre Systeme korrigieren nichts. Sie bestrafen Kritik und nennen das Patriotismus. Genau das ist der Unterschied zwischen demokratischen Staaten und denen, die eure Vergleiche eigentlich verdienen. Putin bombardiert ganze Städte und nennt das Entnazifizierung. Trump versucht, ein Wahlergebnis umzuschreiben und nennt das Verteidigung der Freiheit. Erdogan sperrt Opposition ein und nennt das nationale Sicherheit. Die AfD lobt genau diese Systeme, während sie hier behauptet, Opfer zu sein.

Viele sagen, Meinungsfreiheit gebe es nicht mehr. Sie sagen das auf Facebook, TikTok, WhatsApp und Marktplätzen, ohne Konsequenzen. Sie verwechseln Meinungsfreiheit mit dem Wunsch, dass niemand widersprechen darf. Doch Widerspruch ist kein Angriff auf Freiheit. Widerspruch ist der Sauerstoff politischer Verantwortung. Meinungsfreiheit bedeutet, dass du reden darfst. Nicht, dass andere schweigen müssen.

Ihr beruft euch auf nie wieder Krieg und nie wieder Diktatur, benutzt aber dieselben Narrative, mit denen autoritäre Systeme Demokratien delegitimieren. Wer ernsthaft Frieden will, muss unterscheiden können zwischen demokratischer Reibung und autoritärer Macht. Neutralität schützt niemanden. Sie stärkt nur die Seite, die bereit ist, Gewalt einzusetzen.

Frieden braucht klare Haltung. Demokratie braucht klare Haltung. Freiheit braucht klare Haltung. Und wer ständig behauptet, Deutschland sei faschistisch, während er autoritäre Systeme verharmlost und ihre Fans verteidigt, hat aus Geschichte nichts gelernt.

Faschismus ist nicht alles, was euch nervt.
Faschismus ist das Ende von allem, was euch schützt.
Und genau deshalb darf man heute nicht schweigen.

(Michael Elskamp)

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