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#Vater, #Mutter, #Schwester, #Hund, #Verschwörung
Was macht es mit einer Familie, wenn sie eines ihrer Mitglieder an Verschwörungserzählungen verliert? Die Comiczeichnerin #Ika Sperling hat das selbst erlebt und in ihrer #Graphic Novel #Der Große Reset verarbeitet
von Christina Mikalo
Worum geht’s?
Studentin Ika besucht über das Wochenende ihre Familie. Die lebt in einem kleinen Dorf in einem Weinanbaugebiet und besteht aus Vater, Mutter, Schwester und Hund. Schon beim Wiedersehen wird klar, dass es keine unbeschwerte Zeit für Ika wird: Am Küchentisch erzählt ihr Vater, dass er seinen Job gekündigt hat, sich scheiden lassen, das Haus verkaufen und auswandern will. Er denkt, dass Deutschland kurz vor einem Bürgerkrieg stehe, weil immer mehr Menschen die „Zustände“ im Land nicht mehr hinnehmen wollten. So seien die Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg und die Inflation angeblich von der Regierung geplant worden, um das Volk zu entmachten und unter dem Deckmantel des Klimaschutzes eine Ökodiktatur zu errichten. Die Medien würden mithelfen, dies zu vertuschen. Erfahren hat Ikas Vater das aus YouTube-Videos.
Worum geht’s wirklich?
Um eine Familie, die zu zerreißen droht, weil eines ihrer Mitglieder an Verschwörungserzählungen glaubt. Während Ikas Mutter die Auswanderungspläne ihres Mannes vor ihren Töchtern herunterspielt, weicht sie einem klärenden Gespräch mit ihrem Mann aus. Ikas Schwester Bella reagiert gereizt, wenn man sie auf die familiäre Situation anspricht. Es belastet sie, dass wegen ihres Vaters im Dorf ständig über sie getuschelt wird. Ika hingegen geht offen mit ihren Ängsten um. Sie widerspricht ihrem Vater und ist besorgt, weil er sein altes Leben aufgeben und die Familie verlassen will. Und das nur, wie es einmal in einem Gespräch mit ihrem Vater aus ihr herausbricht, „wegen IRGENDWAS, was IRGENDJEMAND IRGENDWO im INTERNET gesagt hat!“.
„Der Große Reset“ ist, wie Sperling in einem Verlagsinterview erklärt, grob an ihre realen Erfahrungen mit ihrem Vater angelehnt. Sie habe zeigen wollen, wie die Ausnahmesituation der Pandemie, gepaart mit fehlenden sozialen Kontakten und mehr Zeit vor YouTube oder Telegram zu gesellschaftlicher Entfremdung geführt haben – und wie davon manchmal sogar das engste Umfeld betroffen ist.
Wie ist es erzählt?
Einfühlsam und realistisch. Sperlings Figuren sprechen Alltagssprache, streiten sich, lachen aber auch miteinander. Das macht die Momente, in denen klar wird, wie sehr die Familie sich wegen des Vaters voneinander entfernt hat, umso trauriger. Auch auf der Bildebene hat die Künstlerin ein gutes Mittel gefunden, diese Entfremdung auszudrücken. So zeichnet sie ihren Vater nicht wie die anderen Figuren als Mensch, sondern als Blase in Menschenform. Diese Blase ist mit einer Flüssigkeit gefüllt, die manchmal ausläuft und Ika und ihrer Mutter die Schuhe durchnässt. Das mag im ersten Moment witzig klingen, wirkt aber eher tragisch, weil es zeigt, wie schädlich die Pläne des Vaters für den Rest der Familie sind.
„Der große Reset“ von Ika Sperling erscheint am 4. Mai im Reprodukt-Verlag
#Kuckst du #suchst du #findest du
Ach so, ja, Source: https://fluter.de/comic-ika-sperling-der-grosse-reset-verschwoerung
Vater, Mutter, Schwester, Hund, Verschwörung
Was macht es mit einer Familie, wenn sie eines ihrer Mitglieder an Verschwörungserzählungen verliert? Die Comiczeichnerin Ika Sperling hat das selbst erlebt und in ihrer Graphic Novel „Der Große Reset“ verarbeitetfluter.de
Noah Klieger
#Jahrhundertzeugen: #Graphic Novel
Bis zu seinem Tod vor wenigen Wochen hat der Holocaust-Überlebende in unzähligen Veranstaltungen und Reden über einen Zeitraum von 70 Jahren vom Schrecken und Leid der Shoah „erzählt“. Er hat nicht versucht zu erklären, was aus seiner tiefsten Überzeugung nicht zu erklären ist. Oft hat er sich gefragt, ob seine Worte stark genug wären, das Leid der Shoah zu schildern. Sie waren es. Seine Stimme ist die Stimme der Millionen Toten – eindrücklich und eindringlich. Noah Klieger hat die Geschichte seines Lebens und Überlebens immer und immer wieder erzählt. Auch in Deutschland, in vielen Medien immer diese eine Geschichte. Detailreich, authentisch und präzise. Nun aber ist seine Stimme verstummt.
Drei Monate vor seinem Tod hat Noah Klieger phoenix-Autor Martin Priess ein ausführliches Interview gegeben. Er hat darin erneut die Mission seines Lebens erfüllt und von der Shoah erzählt. Und doch geht dieses Interview weiter. Denn Klieger schildert nicht nur seinen persönlichen Lebensweg – von der Normalität eines jüdischen Kindes im Frankreich der 1920er Jahre, über den Kulturbruch bis zum Menschheitsverbrechen der Nazis – sondern er ist auch Jahrhundertzeuge für die Staatsgründung Israels, an welcher er in gewisser Weise beteiligt war. Noah Klieger benennt und schildert historische Ereignisse als Augenzeuge. Diese bilden auch die Plots eines Jahrhundertlebens und die Vorlage für die zweite Ebene dieser „Oral-History“.
Die beiden renommierten Illustratoren und Graphic-Novellists Reinhard Kleist und Matthias Lehmann haben viele Szenen der mündlichen Erzählung Noah Kliegers zeichnerisch, respektvoll und mit Zustimmung des Zeitzeugen umgesetzt und szenisch animiert. Reinhard Kleist knüpft dabei an ein früheres künstlerisches Werk von sich an, in dem er bereits schon einmal große Empathie für das Thema bewies. Seine Graphic-Novel “Der Boxer” portraitierte ein Leben, das eine wesentliche Parallele zum Leben Noah Kliegers aufweist, dann aber doch völlig anders verlief.
So ist eine “Oral-Graphic-Biography” des Jahrhundertzeugen Noah Klieger entstanden.
Auf einen einordnenden Off-Text wird ganz bewusst vollständig verzichtet – aus Respekt vor Noah Klieger, der Zeugnis ablegen wollte und der als Zeitzeuge erzählte, nicht erklärte.
Ein Film von Martin Priess, phoenix 2019